Die Neuerungen bei Zubehör und Pferd, oder die Wirkungskette der Veränderungen über die letzen Jahrzehnte
Versetzen wir uns in die Mitte der 80er-Jahre zurück:
Die Pferde hatten weniger nachgiebige Ganaschen, die Sättel keine Pauschen, und im Sport wurden vermehrt Pferde vorgestellt, die nach HdV12 und FN ausgebildet wurden.
Paul Stecken schreibt in Bemerkungen und Zusammenhänge, dass Anfang der 90er Jahre, Ausbilder über die Abweichung von diesen Grundsätzen beunruhigt waren.
Klar das waren ja die alten inzwischen überholten Ansichten, denn wir hatten ja inzwischen ja bessere Sättel und leichtrittigere Pferde. Was also soll man noch mit diesen alten Grundsätzen.
Mir ist nicht mehr in Erinnerung, was zuerst war, die Sättel mit Pauschen, oder vermehrt Pferde mit leichtem Genick. Was mir aber in Erinnerung ist, dass 1984 oder 1985 eine Frau in der Westfälischen Reit- und Fahrschule zur Meisterprüfung kam und einen Sattel mitbrachte, der so viele Pauschen hatte (auch auf dem Oberschenkel) dass sie gar nicht anders als komplett gestreckt sitzen konnte. Ab dem Zeitpunkt wurden Sättel gefertigt die mehr und mehr zu den inzwischen verbreiteten Tiefsitzern mit Pauschen wurden.
Oder waren zuerst vermehrt Pferde vorhanden, die dem zu viel an Handeinwirkung weniger entgegensetzen konnten als diejenigen mit festeren Ganaschen.
Eigentlich egal, denn hier beginnt die Wirkungskette, die sich bis heute fortführen lässt.
Tatsache ist dass man mit den Sätteln mit Pauschen Pferde aussitzen konnte die weniger losgelassen waren. Mit den alten Sätteln war ein Sitz tief am Sattel damit deutlich schwieriger, denn wenn man den Oberkörper nach hinten gelehnt hat, kam man aus dem Gleichgewicht, die Knie rutschten nach vorne und man konnte nur durch die Zügel verhindern nach hinten zu fallen.
Aber dieses Problem war ja nun gelöst. Was aber noch nicht gelöst war, ist das, dass die Rückenmuskulatur durch diese falsche Sitzposition, in Verbindung mit zu wenig Losgelassenheit weniger wurde. An der Stelle, an der die Sattelkissen bei den älteren Sätteln lagen, war schlicht und einfach zu wenig Muskulatur.
Aber da gibt es ja die Lösung mit dem breiten Wirbelkanal, der ja damit beworben wird, dass sich die Pferde damit viel besser bewegen können. Stimmt exakt, nur dass sich nach den alten Grundsätzen ausgebildete Pferd mit den alten Sätteln auch sehr gut bewegen konnten.
Plötzlich kamen neue Problem auf, dass diese neuen Sättel nun schon fast auf dem Rippenbogen aufliegen und bei der kleinsten Veränderung des Pferdes umgepolstert werden müssen.
Ich wundere mich seit Langem, warum die Pferde mit diesen angeblich doch so anatomisch guten Sätteln manchmal sehr starke Abwehrreaktionen zeigen.
Dinge die ich mit den älteren Modellen nie hatte und zusätzlich konnte man diese Sättel (eventuell mit Woilach oder leichten Keilkissen) fast auf jedes Pferd legen. Das weiß ich deshalb, weil ich als Berufsreiter fast immer mit meinem Sattel geritten bin. Das war ja auch eine Forderung der Kavallerie, die alten Sattelhersteller hatte da große Expertise.
Kürzlich stand in der St. Georg ein Bericht: Immer wieder Hufgelenksentzündung.
Nachdem ja immer gesagt wird, dass Pferde von denen man oftmals Zügel aus der Hand kauen lassen (bis zur Schnalle) fordert zu stark auf der Vorhand laufen, ist es doch unverständlich, dass mit der neuen Reitweise, die ja das verhindert, die Vordergliedmaßen geschädigt werden. Dabei fällt mir ein, dass ja früher bei Dressurpferden Spat die häufigste Krankheit durch Überlastung war.
Also nach der Meinung der Gegner des Zügel aus der Hand kauen lassen durch Überlastung der Vorhand. Hier wird doch jedem klar, dass an dieser Argumentation irgendetwas unstimmig ist, denn Spat ist ja ein Verschleiß des Sprunggelenkes.
Aber wir haben ja noch eine Neuerung die dies alles verbessert: die starke Zehenrichtung durch vordere Hufeisen mit zwei Aufzügen. Also früher habe ich immer, wenn ich das gesehen habe gefragt: Welche Verschleißerkrankung hat Dein Pferd an den Vorderfüßen.
Nun das ist ja nicht der Grund, warum zwei Aufzüge inzwischen Standard sind, sondern dass die Pferde besser abrollen können. Oder doch nicht? Da war doch noch der Artikel der St. Georg und da ist auch noch die Natur, die eine rundere Zehe der Vorderfüße vorgesehen hat. Allerdings haben oftmals barfußgehende Pferde, von denen ich denke sie sind nach der neuen Reitweise ausgebildet, hier deutliche Abschürfungen die doch stark an die neue sehr hilfreich Zehenrichtung erinnern Pferde, die nach meiner Ansicht aber korrekt ausgebildet worden sind, haben, wenn sie barhufig sind normale Zehenformen, auf die ein Eisen mit einem Aufzug problemlos passt.
Abschließend nochmals die Wirkungskette zusammengefasst:
- Leichtrittigere Pferde wurden gezüchtet
- Sattelform wurde für den Reiter an im Rücken festere Pferde angepasst
- Sattelform wurde für das Pferd der fehlenden Muskulatur angepasst
- Verschleißerscheinungen wurden von der Hinterhand auf die Vorhand verlagert
- Hufeisen wurden der mangelnden Tragkraft der Hinterhand und dem zunehmenden Verschleiß der Vorhand angepasst.
Und nun die abschließende Frage: Was macht man, wenn man mit dem Nachbessern am Ende der Fahnenstange angekommen ist?
Die Antwort: Je nach Einsatzzweck der Pferde richtig und damit physiologisch dem Pferd angepasst reiten.
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