Die Ablehnung der Dominanztheorie bei der Ausbildung von Pferden.
Zuerst meine Vergangenheit in der wissenschaftlichen Welt:
Ich habe drei internationale Konferenzen über die Forschung mit Pferden organisiert:
https://equine-science.de/de/generell_information_iesm_2008
IESM 2008/2012/2015. Sue McDonnel (https://www.vet.upenn.edu/people/faculty-clinician-search/SUEMCDONNELL) war Invited Speakerin mit dem Thema "Who are the Behaviorists in 2008".
http://references.equine-behaviour.de/files/ID_288_Mcdonnell.pdf
Nach den Kognitionsvorträgen am ersten Tag hat sie ihren kompletten Vortrag umgeschrieben und zwischen den Vorträgen darüber diskutiert, wie man die behavioristischen Ansätze mit denen der Kognitionsforscher in Einklang bringen könnte.
ISES Mitglieder dagegen (z. B. Janne Winther Christensen) versuchten die Jahre danach mit „Gegenforschung“ die Erkenntnisse über kognitive Fähigkeiten der Pferde zu widerlegen. Insofern ist es relevant, um die Veröffentlichungen des ISES einordnen zu können.
Von 2005 bis 2019 war ich zusammen mit meiner damaligen Frau an ihren Forschungsarbeiten maßgeblich beteiligt. Das sind nahezu alle, die bis 2022 veröffentlicht wurden: https://scholar.google.com/citations?user=INiQmGQAAAAJ
Zur Dominanz:
Es gibt verschiedene statistische Systeme, mit denen Dominanzhierarchien bei sozial lebenden Tieren berechnet wird.
Auf den Konferenzen habe ich mehrfach mit Wissenschaftlern diskutiert, welches der Systeme am passendsten für Pferde ist.
Zum Beispiel David's score (DS), Average Dominance Index (ADI), Clutton-Brock et al.'s index (CBI) oder frequency-based index of dominance (FDI)
In großer Übereinstimmung war das Ergebnis für Pferde der ADI.
Damit konnten wir, unter anderem, über Jahre nahezu stabile Hirachien bei freilebenden Pferden (Herde von 300 bis 400 Individuen in mehreren Gruppen) in den Abruzzen nachweisen.
auch für die nachfolgende Forschung wurde der ADI verwendet
Die erste Forschungsarbeit war der Joinup von Monty Roberts. Wir nannten es Roundpentechnik, um nicht verklagt zu werden.
Das Ergebnis: Es ist ein reines Lernverhalten. Es kann von Pferden hervorragend und leicht gelernt werden. Nur der Mensch, der eventuell unfähig ist zu erkennen, dass das Pferd begonnen hat zu lernen, verursacht dem Pferd Stress.
https://epub.uni-regensburg.de/19411/
Professor Heinze (Leiter des Departments) meinte: Lasst doch mal ein anderes Pferd zuschauen.
Wir, hauptsächlich ich, dachten, was das bringen soll.
Zwei Pferde, die keinen Joinup kannten, eines davon wird trainiert, das andere schaut zu.
Der diejenige, der mit dem Pferd trainiert hat, geht zu dem anderen hinter die Absperrung und das Pferd folgt genauso, als ob es einen Joinup durchgeführt hat.
Beim zweiten Paar dasselbe, mit vielen anderen Paaren hatten wir keinen Erfolg. Wir hatten ja alles bis auf die ersten beiden Paarungen erwartet. Die Suche nach der Ursache begann.
Bis wir die Rangordnung zwischen den beiden Pferden in Betracht gezogen hatten.
Es mussten zwei Pferde aus einer sozialen Gruppe sein und man musste mit dem Ranghöheren (berechnet mit ADI) den Joinup durchführen.
Dann hat das rangniedrige Pferd ohne weiteres Training dasselbe gemacht, es folgte wie nach einem Joinup.
Pferde, die gefolgt sind, stellten das aber auch wieder ein, wenn man mit einem Rangniedrigeren so gearbeitet hat, dass er die „Anweisungen“ ignorieren durfte.
Es war also kein Kopieren, wie es die Behavioristen einordnen wollten, sondern ein kognitiver Prozess, der die Rangfolge zwischen den Pferden einbezogen hat. Der kognitive Prozess war, die Rangfolge des Menschen zu sich selbst (dem zuschauenden Pferd) danach anzupassen.
Was sagten die Reviewer der wissenschaftlichen Journale dazu?
Nein, das kann nicht sein, vor allem wenn mit Hauspferden gearbeitet wird -> Clever Hans Effekt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kluger_Hans
Es mussten noch einige Kontrolltests durchgeführt werden.
Fast zwei Jahre hat es gedauert, die Arbeit wurde mehrfach auf Konferenzen vorgestellt und es wurden hier andere Kollegen meiner damaligen Ehefrau gefragt, was sie denn für Fehler sehen, wenn es nicht sein kann? Keine Fehler wurden gefunden, sodass nach dieser langen Zeit die Veröffentlichung angenommen wurde.
Das war der Beginn der Kognitionsforschung mit Pferden, und Hauspferde durften wieder zu Forschungsarbeiten herangezogen werden.
Wie Forscher, die den Behavioristen angehören, noch sagen können, dass die Dominanztheorie falsch sei, ist mir unverständlich.
Verständlich ist, dass oft grundlegende Dinge der Lerntheorie missachtet werden, sodass es egal ist, ob Dominanz wichtig oder nicht ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Dominanz_(Psychologie)
Dominanz gegenüber Pferden ist an sich für das Pferd weder positiv noch negativ. Das rangniedrigste und das ranghöchste Pferd einer Gruppe ist bei ausreichendem Futterangebot am besten genährt. Sie haben am wenigsten Stress. Im Umgang mit Pferde benötigen wir eine Rangfolge. Wer Hengste erzogen hat weiß dass es unbedingt nötig ist Grenzen zu setzen. Dominanz: 𝐼𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑢𝑚 𝐴 𝑠𝑐ℎ𝑟ä𝑛𝑘𝑡 𝑑𝑖𝑒 𝑅𝑒𝑐ℎ𝑡𝑒 𝑢𝑛𝑑 𝐹𝑟𝑒𝑖ℎ𝑒𝑖𝑡𝑒𝑛 𝑣𝑜𝑛 𝐼𝑛𝑑𝑖𝑣𝑖𝑑𝑢𝑢𝑚 𝐵 𝑒𝑖𝑛 𝑢𝑛𝑑 𝑔𝑒𝑠𝑡𝑒ℎ𝑡 𝑠𝑖𝑐ℎ 𝑠𝑒𝑙𝑏𝑒𝑟 𝑑𝑖𝑒𝑠𝑒 𝑅𝑒𝑐ℎ𝑡𝑒 𝑢𝑛𝑑 𝐹𝑟𝑒𝑖ℎ𝑒𝑖𝑡𝑒𝑛 𝑧𝑢, 𝑤𝑎𝑠 𝑣𝑜𝑛 𝐵 𝑎𝑘𝑧𝑒𝑝𝑡𝑖𝑒𝑟𝑡 𝑤𝑖𝑟𝑑.
Versucht man das mit einem Przewalskihengst so schränkt der meist die Rechte des Menschen ein, ohne dass der Mensch etwas dagegenzusetzen hat. Deshalb gelten diese Pferde als Wildtiere und müssen durch Absperrungen von den Pflegern getrennt werden.
Das, was an der Dominanztheorie falsch ist: Falsch ist, dass Dominanz oft mit kompletter Unterdrückung der Pferde durchgeführt wird, die dann in erlernter Hilflosigkeit endet. Das ist aber keine Dominanz im Sinne der Psychologie. Ansonsten ist es für ein sozial lebendes Tier vollkommen normal, in eine Dominanz-Hierarchie eingeordnet zu sein. Beim Umgang mit dem Menschen steht das Tier an zweiter Stelle und vom Menschen richtig durchgeführt kann es trotzdem zufrieden und ausgeglichen sein.
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